Werdegang & Politik - Wolfgang Rau 2019

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Ein paar Worte mehr zu mir

Ich bin ein waschechter Zwickauer, der 1956 im HBK das Licht der Welt erblickte. Nach Schulzeit und einer Berufsausbildung zum Wirtschaftskaufmann arbeitete ich zunächst im Bereich Arbeitsschutz der Trabi-Schmiede VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau. Um beruflich weiterzukommen machte ich auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur und absolvierte danach ein Studium der Ingenieurökonomie. Mein damaliger Sektionsdirektor überredete mich, erst mal nicht wieder in den Betrieb zurückzugehen, sondern eine Promotion auf dem Gebiet der Arbeitsorganisation in der Instandhaltung zu beginnen. Es folgte eine spannende Zeit, in der ich viel Wissen erwerben und wichtige Erfahrungen sammeln konnte. Nur passten meine Forschungsergebnisse nicht hinreichend zur Ideologie des SED-Regimes, was natürlich Probleme mit sich brachte. Zu wesentlichen Anpassungen im Sinne der Partei war ich nicht bereit. So verschob ich die Einreichung der Arbeit, ging als Betriebsorganisator in den Sachsenring zurück und wartete auf liberalere Zeiten. Die kamen im Herbst 1989, nur fegten sie gleich das ganze Gesellschaftssystem hinweg. An eine Verteidigung der Promotionsarbeit war unter diesen Umständen nicht mehr zu denken. Kapitalismus funktioniert nun einmal grundlegend anders, als eine Planwirtschaft.

Beruflich bekam ich die Kurve nach der Wende dennoch ganz gut. Zunächst war ich als leitender Mitarbeiter im völlig neu aufzubauenden Arbeitsamt tätig. Allerdings war das mit viel anstrengender Zahlenarbeit verbunden, die ich aufgrund meiner angeborenen Sehschädigung nicht dauerhaft leisten konnte. Als 1993 im Zwickauer Stadtrat Fraktionsgeschäftsstellen geschaffen wurden, bewarb ich mich als Geschäftsführer der Fraktionsgemeinschaft Neues Forum/GRÜNE und war in dieser Funktion auch für die Folgefraktion Bündnis 90/Die Grünen tätig. Ich bedauerte es sehr, dass ich diesen interessanten und anspruchsvollen Job nach einer hauptsächlich bundespolitisch begründeten Wahlniederlage ab Mitte 1999 nicht mehr ausüben konnte. Ich musste mich erneut umorientieren und befasste mich fortan insbesondere mit Softwareentwicklung. 2014 ergab sich die Gelegenheit wieder an „alte Zeiten“ anzuknüpfen und erneut als Fraktionsgeschäftsführer tätig zu werden, diesmal für die Fraktion „Bürger für Zwickau/GRÜNE“. Ob ich diese Aufgabe weiter wahrnehmen kann, entscheidet sich zur Kommunalwahl am 26. Mai 2019. Ich würde es mir wünschen.

Mit Politik kam ich bereits als Kind in Berührung. In unserer sehr liberal eingestellten Familie wurde viel darüber diskutiert. Schon als Zwölfjähriger verfolgte ich 1968 gebannt die Entwicklung in der Tschechoslowakei und konnte mich vor Wut kaum einkriegen, als am 21. August die Warschauerpaktstaaten in das Nachbarland einmarschierten. Kurz zuvor war ich auf der Rückreise von einem Ungarn-Urlaub der Familie selber für einen Tag in Prag gewesen. Sowas prägt. Deswegen war es später für mich auch ein Unding, in die SED einzutreten oder gar mit deren „Schild und Schwert“ zu kooperieren. Stattdessen provozierte ich bei Gelegenheit lieber mal ein bisschen. Das brachte mir mitunter etwas Ärger ein, aber glücklicherweise keinen ernsthaften.

Ich wusste zwar, dass es auch in Zwickau eine oppositionelle Szene gab, hatte zu ihr aber keinen unmittelbaren Kontakt. Das änderte sich erst im Herbst 1989. Als es auch hier Demonstrationen gab und das Neue Forum gegründet wurde, war ich sofort mit dabei und habe mich engagiert. So wurde ich an den „Runden Tisch der Wirtschaft“ geschickt, wo es anfangs vor allem um Versorgungsprobleme, später dann um die sich abzeichnenden dramatischen Folgen des Umbruchs für die nicht konkurrenzfähigen Betriebe ging. Der schnelle Wandel des Rufs der Volksmassen nach Reformen in den Ruf nach sofortiger Wiedervereinigung sowie der Ausgang der ersten und letzten freien Wahlen in der DDR war für mich enttäuschend. Gerade einmal 10 % erreichte das Neue Forum. Die Allianz für Deutschland hingegen gewann haushoch. Ihr Kern, die CDU, war vor kurzem noch „Blockflöte“ gewesen und hatte das Hohelied des Sozialismus gesungen.

Diese Enttäuschung hielt mich aber nicht von weiterer politischer Tätigkeit ab. Im Mai 1990 kandidierte ich erstmals für den Stadtrat und erhielt tatsächlich ein Mandat. Es war eine wilde Zeit, in der buchstäblich alles neu geregelt werden musste. Sie war von endlosen Ratssitzungen, scharfen politischen Auseinandersetzungen, weitreichenden Entscheidungen und der Unsicherheit geprägt, ob man auch wirklich das Richtige tut. Der Arbeitsaufwand war extrem, aber mit Mitte 30 und konstant hohem Adrenalinspiegel hat man es hingekriegt.

Viel Zeit und Nerven kostete auch die Arbeit in der Partei, die anfangs gar keine sein wollte. Den Transformationsprozess vom Neuen Forum bis hin zu Bündnis 90/Die Grünen war lang und steinig. Aber er fand, bezogen auf Sachsen, in Zwickau seinen glücklichen Abschluss. Ich fuhr damals zu fast allen Landes- und Bundesparteitagen, die man aber keinesfalls so nennen durfte. Dennoch zog es mich nicht in die „große Politik“, die für meinen Geschmack irgendwie zu hektisch, ideologisch aufgeladen und unpersönlich ist. Dem Stadtrat hingegen gehörte ich bislang 4 Wahlperioden an (1990 bis 1999 und 2004 bis 2014). Dabei lag der Schwerpunkt meiner Arbeit in der Finanzpolitik. Denn wie heißt es so schön: Ohne Moos nichts los. Mehrere Jahre lang habe ich auch den hiesigen Regionalverband (heute Kreisverband) von Bündnis 90/Die Grünen geleitet. Das war eine sehr schwierige Zeit, denn die GRÜNEN waren bundesweit in der Krise.

Glücklicherweise ist die Situation nun eine andere, auch in Zwickau. Immer mehr jüngere Leute stoßen zu uns, und einige davon möchten auch in den Stadtrat. Das freut mich außerordentlich. Dennoch will ich das Feld noch nicht ganz räumen und kandidiere ebenfalls wieder. In den nächsten fünf Jahren möchte ich meiner bisherigen Ratsarbeit gerne ein furioses Finale folgen lassen und auch meiner Erfahrung an die Jüngeren weitergeben. Gerade meine Spezialthemen, Wirtschaft und Finanzen, werden für die weitere Stadtentwicklung eine äußerst bedeutsame Rolle spielen. Auf diesen Gebieten ist derzeit viel im Umbruch. Deshalb sollte es im Stadtrat auch Mitglieder geben, die sich ein wenig damit auskennen.

Natürlich ist Beruf und Politik nicht alles. Da sind die Menschen, die mir ganz persönlich am Herzen liegen, Hobbys, die mal wieder ausgeübt werden wollen, Renovieren wäre auch dran und Norwegen wartet lange schon sehnsüchtig auf meinen Besuch. Die Liste ließe sich fortsetzen. Also wäre es besser nicht gewählt zu werden? Vom Zeitbudget her ja. Aber mir würde was fehlen. Und dem Stadtrat vielleicht auch.


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